Manchmal verliert man sich in den Wirren des Alltags, man wird getrieben von Terminen und Verpflichtungen, man vergisst, wohin man eigentlich einmal wollte.
Als Kinder wussten wir genau, wohin uns unser Weg führen sollte. Wir wussten, dass wir irgendwann einmal Lokführer, Baggerfahrer, Ärztin oder Prinzessin werden würden. Doch dann kam das Leben lachend um die Ecke und es kam Alles anders.
Als Erwachsene sind wir selbst dafür verantwortlich, uns um uns selbst zu kümmern. Jetzt kommt niemand mehr und nimmt uns an die Hand, passt auf uns auf und sorgt dafür, dass es uns gut geht.
Auszeit
Ich versuch so oft es geht, mir Auszeiten von meinem Alltag zu nehmen um mich nicht ausschließlich den Bedürfnissen von Arbeit, Finanzen und Familie zu unterwerfen. Ich bemühe mich, den Kopf frei zu bekommen, um auch im Leben besser „funktionieren“ zu können.
Eine dieser Auszeiten fand nun an der Nordsee statt. Ich hatte mich entschlossen, einen Bildungsurlaub zum Thema Achtsamkeit zu buchen, um diese Auszeiten auch in den Alltag integrieren zu können. Viele Menschen denken, eine Auszeit muss ein paar Tage oder Wochen dauern, sie ist eine Flucht vor dem Alltag, sie dient dazu, vor dem Leben wegzulaufen.
Nein diese Auszeiten können ein paar Minuten dauern, sie sollen uns nicht flüchten lassen, sondern zu uns zurückführen.
Egal ob wir für ein paar Minuten meditieren, ob wir negative Gedanken loslassen oder einfach nur kurz die Augen schließen und durch einen tiefen Atemzug den Kopf frei bekommen. Die Möglichkeiten diese kurzen Augenblicke zu nutzen um zu uns zurückzukehren sind mannigfaltig und jeder muss für sich entscheiden, welche der unterschiedlichen Techniken die Richtige für Sie/ihn ist.
Was bot sich also besser an dieses Thema anzugehen, als „es mit meinem Medium der Fotografie zu kombinieren. Ich buchte also eine Weiterbildung „Achtsam Fotografieren an der Nordsee“, um mich vor allem dem Bereich der Achtsamkeit anzunähern.
Natürlich hatte ich mich schon früher mit Resilienz und Stressmanagment beschäftigt, aber bisher hatte ich es immer losgelöst von der Fotografie betrachtet. Da das Leben, aber keine Loslösungen gestattet und alle Bereiche in einander übergehen, wurde diese Fortbildung etwas gänzlich Anderes, als ich es mir vorher vorgestellt hatte.
Geleitet von Tania Reinicke, einer renommierten Fotografin und Künstlerin wurde ich neben Achtsamkeitsübungen und Meditationen auch mit mir und meiner fotografischen Herangehensweise an Bilder konfrontiert. Ich sage bewusst konfrontiert, da Tania gerne Aussagen und Handlungen hinterfragt und mich so dazu brachte wesentlich bewusster zu fotografieren.
Hier geht es zu Tania Reinicke
Der Ort prägt
Jetzt stellt man sich die Nordsee entweder rau und intensiv vor, oder man erinnert sich vielleicht an Sommerurlaube und laue Abende. Ich hatte Ersteres im Kopf, als ich den Workshop buchte. Da er im Februar stattfand, stellte ich mir die berühmte steife Briese, dicke dunkle Wolken, eine aufgewühlte See mit bekrönten Wellen vor.
Ich freute mich auf intensive und beeindruckende Naturbilder.
Leider ist dem nicht so – das Wattenmeer heißt Wattenmeer, weil „Matsche-Pampe die in Stiefel läuft“ nicht so gut klingt. Was mich erwartete war ein trister, grauer Himmel, viel Regen und eine einheitlich grau-braune Salzwiesenlandschaft.
Manchmal kommt es anders
Zum Glück lernte ich am ersten Tag Stefan kennen, welcher mir eine Idde in den Kopf pflanzte. Als wir also am ersten Tag über den Deich kamen, ich feststellte dass das Wasser schon wieder gut 2 Kilometer weit draußen war und lediglich diese leere Weite mit den Salzwiesen vor mir lag, nahm ich diese Idee auf und machte sehr reduzierte Bilder. Reduziert meine ich im Sinne von, ich dachte in Schwarz-Weiß, ich dachte die „klassischen Instagram Motive“ weg, ich wollte keine Bilder machen, die viele Likes garantierten. Ich ließ Erwartungen weg, ich reduzierte Gedanken, ich wollte nicht „schön“ Fotografieren. Der erste Gedanke, als ich die Bilder bearbeitet hatte und wusste, dass ich sie am nächsten Tag präsentieren sollte war: „Die kannst du niemandem zeigen, da wird man ja depressiv bei…“
Ich zeigte sie dennoch – und war mehr als verwundert, dass depressiv und trist nicht die Reaktionen waren, die mir die anderen Teilnehmer entgegen brachten.
Es vielen Ausdrücke wie „intensiv“, „ausdrucksstark“ und „ohne Ablenkung“. Dies brachte mich noch stärker dazu, meine Sichtweisen zu überdenken, mich zu hinterfragen, meine Arbeiten neu zu definieren.
Ich werde sicherlich auch in Zukunft Bilder machen, die „Schön“ sind. Ich werde Bilder machen, die für Instagram geeignet sind und Menschen Lust machen, die Orte die ich vorstelle selbst zu besuchen. Ich wäre nicht der „RausausdemHaus“, wenn ich nicht inspirieren will, nicht auffordere die Umgebung zu erkunden und die Schönheit vor der Haustüre zu entdecken.
Aber ich werde in Zukunft auch diese Serie im Blick behalten, sie fortführen – und ich habe mich selbst überdacht und mich entschlossen sie nicht „Tristesse“ zu nennen, wie ich es ursprünglich vor hatte.
Ich habe beschlossen euch meine Serie „REDUKTION“ vorzustellen, in der Hoffnung dass ihr auch einmal versucht die Erwartungen, die vorgefassten Ansichten und die inneren Bilder, die alles Andere überlagern, einmal zu reduzieren und alles wegzulassen, was unwichtig ist – und euch so auf das Wesentlich zu konzentrieren, auf Euch…
REDUKTION – eine Bildserie von MIR
Und jetzt geht #rausausdemhaus und entdeckt, was für euch wichtig ist…