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Das Hotel „Zur Waldburg“ oberhalb von Remagen wurde im Jahr 1900 eröffnet und 70 später geschlossen.

 

 

Ältere Remagener erinnern sich gerne und mit Wehmut daran, wie sie mit Geschwistern, Eltern oder Großeltern einst auf der großen Terrasse des Ausflugslokals „Zur Waldburg“ auf dem Victoriaberg im Schatten mächtiger Kastanienbäume saßen, Limo tranken, Kuchen aßen und den grandiosen Blick über Apollinariskirche und Rhein auf das Siebengebirge mit dem Drachenfels genossen.

Seine Existenz hatte die einst weit über Remagen und die Region hinaus bekannte „Waldburg“ der Rheinromantik zu verdanken, jener Gegenbewegung zur beginnenden Industrialisierung mit ihren negativ empfundenen Begleiterscheinungen, die gegen Ende des 18. begann und bis zum späten 19. Jahrhundert dauerte. Diese Bewegung brachte einen Rheintourismus in Gang, der dank der Dampfschifffahrt und der Anbindung der Region ans Eisenbahnnetz bald beachtliche Ausmaße annahm. Auch die Remagener wollten von diesen Gästeströmen profitieren. Dazu gründeten sie am 20. März 1867 den „Localverschönerungsverein“, der bald Grundstücke ankaufte, Wege baute, Ruhebänke aufstellte und Aussichtspunkte mit Blick ins romantische Rheintal zugänglich machte. Die besondere Aufmerksamkeit von Mitgliedern und Vorstand galt dabei dem Bereich „Auf Koppen“, dem der Verein zu Ehren der späteren Kaiserin den Namen „Victoriaberg“ gab. An einem besonders schönen Aussichtspunkt ließ er dort zunächst einen Pavillon mit großer Terrasse bauen. Der damalige Remagener Bürgermeister Friedrich Wilhelm Beinhauer hielt im Jahr 1869 in der Stadtchronik fest:

Der im März 1867 gegründete „Localverschönerungsverein“ entwickelte in den Jahren 1868 und 1869 eine erfreuliche Tätigkeit und führte auf Koppen, von ihm nunmehr Victoriaberg benannt, auf den angekauften, an den Stadtwald grenzenden Grundstücken Anlagen aus, welche den gebotenen Punkten seltener vorzüglicher Aussichten und Panoramas vollkommen entsprechen.
Ein Pavillon wurde errichtet, eine Terrasse planiert, Sitzbänke wurden aufgestellt und „ein Promenadenweg südlich neben der Oelgeshohle parallel mit derselben zum Aufgang zur Höhe durch den Stadtwald angelegt.“ Der damals schon existierende Fußweg zwischen dem Marienberg und den Anlagen auf Koppen wurde verbreitert und verbessert. „Auch stellte der Verein an den Wegen auf passenden Punkten feste Ruhesitze auf. Dasselbe geschah an der Köln-Mainzer Straße unter- und oberhalb der Stadt und in den dem Grafen von Fürstenberg gehörigen Kiefernwäldchen auf der Höhe an den Rheinhelden“, schrieb der Chronist.

Des immer größer werdenden Zulaufs wegen begann der Verein im Jahr 1898 damit, an Stelle des Pavillons nach Plänen des Kölner Architekten Eberlein ein Hotel- und Restaurantgebäude zu errichten. 28.335 Mark investierte er in dieses Projekt, mit dessen Realisierung er den Bauunternehmer Adam Harth beauftragte. So konnte die Frau Wwe. Fletscher am 6. Januar 1900 die „Waldburg“ eröffnen. Weil der Zuspruch erheblich war und die Zahl der Gäste immer noch stetig wuchs, wurden bald weitere Investitionen nötig. 1905 sind ein Küchenanbau und ein Abortgebäude errichtet worden, 1908 folgte der Anbau einer Waschküche. 1914 wurden ein Wärmeschrank und eine neue Kochanlage eingebaut.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderten sich die Bestimmungen für Vereine, und man munkelte in [Remagen], die Waldburg werde enteignet. Der Verschönerungsverein verkaufte deshalb die Waldburg im Jahr 1936 für 37.500 Mark an Anni und Wilhelm Pilger.

Nach Nazizeit und Krieg ließ das Gastronomenpaar Restaurant und 17-Betten-Hotel modernisieren. In einen angebauten Nebentrakt wurde eine Doppel-Kegelbahn eingebaut, und westlich des Hauptgebäudes entstand in Holzbauweise eine Halle mit Platz für 1000 Personen. Zur Zeit der Betriebsausflüge in den 1950er Jahren schnauften während der Saison ganze Bus-Konvois aus dem Tal zur Waldburg hinauf. Neben Speisen und Getränken wurden sie dort von Musik, Tanz und Spiel erwartet. Und manchmal gab‘s ein Feuerwerk.

Der Erfolg der Waldburg-Inhaber rief aber auch Neider auf den Plan. Zum Aufreger entwickelte sich insbesondere die große Halle. Weshalb sie zu Anfang der 1960er Jahre abgebaut, für 20.000 D-Mark nach Niederbreisig verkauft und dort wieder aufgebaut wurde. Bis zum heutigen Tag firmiert sie dort als „Jahnhalle“. Auf dem Victoriaberg wurde statt ihrer hinter dem Waldburg-Hauptgebäude eine kleinere Halle gebaut, die später dem neugegründeten Remagener Tennisclub gute Dienste leistete.

Als Waltraud und Majo Schumacher, Tochter und Schwiegersohn der Familie Pilger, die Waldburg übernahmen, hatte sich auch die letzten Reste der Rheinromantik verschlissen. Autos und Flugreisen waren nun auch für Normalverdiener erschwinglich, die jetzt, vom Fernweh infiziert, nicht mehr an den Mittelrhein fuhren, sondern an die Riviera oder gar nach Mallorca flogen. Die unrentabel gewordene Waldburg ist deshalb im Jahr 1970, ziemlich genau sieben Jahrzehnte nach ihrer Eröffnung, geschlossen worden.

Im Januar 1974 kehrte ein letztes Mal das Leben in die Waldburg zurück. Als nämlich die Remagener „Narrenzunft“ keine geeignete Lokalität für die Proklamation ihres Prinzenpaares Holger I. und Evie l. (Ehepaar Smaritschnik) gefunden hatte, öffneten Waltraud und Majo Schumacher sowie Seniorchefin Anni Pilger ihr Haus noch einmal. So trafen sich nochmals rund 700 Freunde des Remagener Karnevals in der Waldburg, um einen Abend lang gemeinsam zu lachen, zu schunkeln und zu prosten. Seniorchefin Anni Pilger hatte nämlich schon immer ein Herz für den Karneval, denn die gebürtige Lübeckerin lebte mit ihrem Mann früher in Köln. Deshalb rollte ein verkleinerter Nachbau der Waldburg samt Turm viele Jahre lang auf einem Motivwagen im Remagener Karnevalszug mit. Die Wagen stammten stets aus der Werkstatt von Emmerich Langen.[1]

Der Plan der Familie Schumacher, Restaurant und Hotel mit einem neu zu bauenden Seniorenheim zu verbinden, scheiterte an Genehmigungsfragen. Gebäude und Gelände hatten ihre Besitzer gewechselt, als im Jahr 1994 erneut ein Hoffnungsschimmer aufflackerte: Der Düsseldorfer Arzt Dr. Volker Hömberg wollte zusammen mit einer Investorengruppe 30 Millionen D-Mark investieren, um die Waldburg in eine Neurodermitis-Klinik zu verwandeln. Das Klinikprojekt erhielt Grünes Licht, löste sich wegen der Gesundheitsreform dann aber in Luft auf. Bei einem Neubau wäre zumindest der Turm erhalten geblieben und in die Klinikeinfahrt integriert worden. So jedenfalls sah es das Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz in Mainz vor. Der Abteilungsleiter für Burgen und Schlösser, Dr. Paul Georg Custodis, gab dem Gebäude, das den Turm umgibt, allerdings schon vor vielen Jahren keine Chance mehr.

Der Realisierung von Plänen für eine Wohnbebauung hatte der Stadtrat eine Absage erteilt, als ein Bonner Immobilienmakler die Waldburg Ende 2012 für 1,38 Millionen Euro zum Kauf anbot. Nach ein paar Monate verschwand das Kaufangebot wieder von der Website des Maklers. Von einem Eigentümerwechsel wurde jedoch nichts bekannt.

So sind Hotel und Restaurant „Zur Waldburg“ seit 1970 sich selbst überlassen, und die Natur holt sich Jahr für Jahr ein Stückchen mehr von dem fast einen Hektar großen und nur wenige Meter vom Rheinburgenweg entfernten Anwesen zurück, das der Mensch ihr einst abgerungen hat.

 

 

Quelle: Wiki AW